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Um die weltweite Nachfrage nach Blauflossenthunfisch zu erfüllen und zugleich die Art zu schützen, greifen viele Verarbeiter von Fisch und Meeresfrüchten auf Fischfarmen zurück. Die grösste Herausforderung bei der Aufzucht von Thunfisch ist das Fischfutter. Zusammen mit dem japanischen Unternehmen Nissui hat Bühler ein Thunfischfutter entwickelt, das eine nachhaltige und ökonomische Fischzucht ermöglicht.
Tsuyoshi Goto steht an Deck eines Fischerbootes der Firma Kaneko Sangyo, die zur Nissui Cooperation gehört, einem der grössten Meeresfrüchteverarbeiter in Japan. Es ist 9 Uhr morgens, das Schiff befindet sich nahe der Insel Kabashima im Japanischen Meer, zirka 90 Kilometer vom Festland entfernt. Es ist Fütterungszeit.
Die Blauflossenthunfische kreisen schon aufgeregt in der Aquafarm. Sie wissen, was gleich passieren wird. Im Frühling erhalten sie dreimal pro Woche Futter. Goto-san (japanisch für Herr Goto) bückt sich, greift in den hinter ihm liegenden Sack und holt eine Handvoll länglicher Pellets hervor. Optisch erinnern sie stark an eine Mischung aus Schokoladen- und Energieriegel. Nur der Geruch, der ist definitiv fischig.
„Das ist die Zukunft der Thunfischzucht“, erklärt er und wirft die Pellets in den 40 x 40 Meter grossen schwimmenden Käfig. Der Startschuss zur Fütterung. Eine Art Kanone befördert jetzt eine Tonne des Futters in den Käfig. Dann kommen die Thunfische. Knapp 1,2 Meter lange Tiere wühlen das Wasser auf und machen sich über die Energieriegel her.
Tsuyoshi Goto ist Plant- und Quality Manager bei Farm Choice, einem Tochterunternehmen von Nissui. Farm Choice produziert Futtermittel für die Fischzucht. Gemeinsam mit Bühler hat sein Team die extrudierten Pellets entwickelt. Sie sind der Schlüssel zu einer nachhaltigen und ökonomischen Thunfischzucht.
Seit Ende der 1990er Jahre ist der Bestand von wildlebenden, ausgewachsenen Blauflossenthunfischen um 80 Prozent zurückgegangen – eine alarmierende Entwicklung. Im Gegenzug steigt der Fischkonsum seit Jahren immer weiter an. Im Jahr 2016 wurden weltweit 151 Millionen Tonnen Fisch konsumiert, was über 20 Kilogramm pro Kopf entspricht.
Bei den Japanern ist Fisch die beliebteste Mahlzeit. Im Schnitt verspeist jeder Japaner pro Jahr 66 Kilogramm und die Tendenz ist weiter steigend. Ganz oben auf der Speisekarte steht der Thunfisch. Das hat natürlich auch viel mit der weltweit steigenden Beliebtheit von Sushi zu tun.
Die Nachfrage nach qualitativ hochwertigem Thunfisch ist in den letzten Jahren rasant angestiegen. Die staatlich festgesetzten Fangquoten reichen bei weitem nicht aus, um den Hunger nach Sushi zu stillen. Illegale Fänge sind die Folge. Der Reiz nach dem schnell verdienten Geld ist für viele zu gross.
Ein ausgewachsener 200-Kilo-Thunfisch kann auf japanischen Fischmärkten schnell mehrere zehntausend US-Dollar bringen. Der Rekordpreis für ein einzelnes Tier lag bei 1,3 Millionen US-Dollar. Im Jahr 2013 kaufte ein Sushi-Restaurant diesen Blauflossenthunfisch bei der Versteigerung während der prestigeträchtigen Neujahrsauktion auf dem Tsukiji-Fischmarkt in Tokio. Der extrem hohe Preis sorgte natürlich für grosse mediale Aufmerksamkeit. Diese Entwicklung zeigt deutlich: Der Handel mit Thunfischen ist zu einem Milliardengeschäft geworden. Die Folge ist so einleuchtend wie erschreckend: Der Blauflossenthunfisch ist in seiner Art bedroht.
Bühler ist der Experte schlechthin, wenn es um die Technologie für die Fischfutterproduktion geht.
Tsuyoshi Goto,
Plant- und Quality Manager bei Farm Choice
Mittlerweile ist der riesige Sack voller Mischfutter verfüttert und die Crew macht sich auf zum nächsten Käfig. Insgesamt gibt es hiervon rund 1600 Stück, verteilt rund um die japanischen Inseln.
Die Firma Kaneko, Bindeglied zwischen Farm Choice als Futterproduzent und der Verkaufsmarke Nissui, betreibt hier auf der Inselgruppe um Goto Island mehrere Farmen, maximal 20 Kilometer vom Hafen entfernt. Morgens ist Okuura immer der erste Anlaufstelle – dort finden sich die grössten Thunfische. Mit vier Jahren und einem Gewicht von 80 bis 100 Kilogramm sind sie "erntereif", wie es in der Fachsprache heisst. Kaneko managt die Fischfarmen, ist für das Schlachten der Tiere verantwortlich und verarbeitet den Thunfisch in mehreren Fabriken. Das Unternehmen verkauft zugeschnittene Stücke an Sushi-Restaurants sowie Endverbraucher auf der ganzen Welt.
Die Thunfischzucht ist keine neue Erfindung. Bereits seit den 1970er Jahren, als erkannt wurde, dass der Bestand der Blauflossenthunfische zurückgeht und gleichzeitig die Nachfrage kontinuierlich steigt, wurde in diese Richtung geforscht. Vorreiter ist hier die japanische Kinki-Universität. Auch Nissui hat den Trend in den 90er Jahren erkannt und die verschiedensten Methoden getestet. Die Gründung von Kaneko und Farm Choice war die logische Konsequenz.
Das Hauptproblem bei der Thunfischzucht ist die Überlebensrate. Aus weniger als 1 % der Fischeier schlüpfen kleine Thunfische. Die Überlebensrate bei anderen Zuchtfischen, zum Beispiel dem Lachs, liegt zwischen 20 und 40 Prozent. Umso wichtiger ist es natürlich, dass die wenigen geschlüpften Tiere ohne grosse Verluste schnell an Grösse und Gewicht zulegen.
Das Problem: Thunfische sind Raubtiere. Ist kein, zu wenig oder gar das falsche Futter vorhanden, schrecken die Fische auch nicht vor Kannibalismus zurück. Sie dezimieren sich also von selbst. Hinzu kommt, dass der Blauflössler ein sehr wählerischer Esser ist. Heringe und Makrelen gehören zu seinen bevorzugten Beutefischen.
Experimente mit künstlichem Futter sind in der Vergangenheit kläglich gescheitert. Konsistenz, Mischverhältnis und Form waren zu komplex herzustellen oder der Thunfisch hat das Futter schlichtweg nicht angenommen. Blieb also nur die Option, Frischfisch zu füttern.
Ein Rechenbeispiel: In einem Zuchtkäfig wachsen rund 2000 Thunfische heran. Pro Woche benötigen sie 40 Tonnen Makrelen und Heringe. Insgesamt verbringen die Tiere vier Jahre in einem solchen schwimmenden Käfig. Auf die Zeit hochgerechnet sind das 8320 Tonnen Frischfisch, die pro Zuchteinheit und Zyklus verfüttert werden müssen. 8320 Tonnen! Nun gibt es über 1600 solcher Käfige allein im Japanischen Meer. Das ist nicht sehr effizient. Es verdeutlicht aber, dass das zu lösende Problem im Futter liegt.
Zwar lässt sich trotz der hohen Kosten der Futterbeschaffung mit der Thunfischzucht Geld verdienen, das ist aber vor allem mit den extrem hohen Verkaufspreisen der Tiere zu erklären.
„2010 haben wir beschlossen, mit Bühler zusammenzuarbeiten. Bühler ist der Experte schlechthin, wenn es um die Technologie für die Produktion von Fischfutter geht. Uns war klar, das Fachwissen in der Extrusion kann uns weit bringen“, sagt Goto-san.
Mittlerweile ist es Abend geworden. Goto-san ist gemeinsam mit Kollegen eingekehrt. Mit dabei ist Urs Wüst, Key Account Manager und Fischfutterexperte von Bühler. Elf Jahre hat er in Japan gelebt, kennt die Kultur und Gepflogenheiten und betreut Nissui seitens Bühler.
Serviert wird Sushi, wie könnte es nach einem Tag auf See anders sein. Selbstverständlich ist auch Blauflossenthunfisch dabei, aufgeschnitten als Sashimi oder mit Wasabi und Reis zu einem Nigiri geformt. Das Besondere: Der servierte Thunfisch stammt aus einer der Kaneko-Fischfarmen. Gefüttert ausschliesslich mit Mischfutter, hergestellt mit Extrudern von Bühler.
Kurz nach der Kontaktaufnahme 2010 reist Goto-san mit seinem Team in die Schweiz, um gemeinsam mit Bühler am Herstellungsprozess des Thunfischfutters zu arbeiten. Die Schwierigkeiten liegen vor allem in der Form, der Zusammenstellung und den unterschiedlichen Konsistenzen des benötigten Futters. Die Aussenhülle der Pellets muss fest und trotzdem weich, aber dennoch leicht biegsam sein. Das Innere eher weich, aber nicht flüssig. Und auch bei der Rezeptur ist die Expertise von Bühler gefragt.
Je geringer der Anteil an Fischmehl ist, desto nachhaltiger und kosteneffizienter ist das Futter. „Es enthält alle Inhaltsstoffe, die der Thunfisch zum Wachsen braucht: Fischmehl, Fischöl, Vitamine und Ballaststoffe. Unser Futter ermöglicht die gesunde Aufzucht von Thunfischen ohne den Einsatz von Antibiotika“, sagt Goto-san. Nach zwei Jahren der intensiven Zusammenarbeit konnte die Pilotphase beginnen. 2012 richtete Bühler drei Extruderlinien in der Produktionshalle von Farm Choice in Karatsu ein.
Parallel zur herkömmlichen Fütterung mit Makrelen und Heringen werden mehrere Zuchteinheiten mit dem extrudierten Mischfutter gefüttert. Durch den höheren Nährwert im Vergleich zu Frischfisch wird deutlich weniger Masse verfüttert. Parallel zur herkömmlichen Fütterung mit Makrelen und Heringen werden mehrere Zuchteinheiten mit dem extrudierten Mischfutter gefüttert.
Durch den höheren Nährwert im Vergleich zu Frischfisch wird deutlich weniger Masse verfüttert. Statt der üblichen 40 Tonnen pro Woche, die im Frühjahr an fünf Fütterungstagen verfüttert werden, sind jetzt pro Woche nur drei Fütterungen mit jeweils 4,5 Tonnen notwendig, insgesamt also etwa 13 Tonnen. Das spart Zeit, Personal und vor allem Kosten für Schiffe und Treibstoff. Auch die Lagerung der Pellets ist einfacher.
Nicht verwendetes Futter lagert die Firma wieder ein und verwendet es später – ein weiterer Vorteil gegenüber Frischfisch. Der muss erst gefangen, portioniert, eingefroren, transportiert und wieder aufgetaut werden, bevor ihn sich die Thunfische schmecken lassen können. Während der Testphase optimiert Farm Choice das Futter weiter, immer in enger Zusammenarbeit mit Bühler.
Mit Unterwasserkameras in den Aquafarmen studiert Goto-san das Verhalten der Tiere während der Fütterung. Seinem Team fällt auf, dass die Thunfische zögern, bevor sie die Pellets fressen. Im Vergleich zum echten Fisch fehlt dem Futter eine Vorderseite. Raubfische fressen ihre Beute immer vom Kopf her, da diese sich aufgrund der Schuppen- und Flossenausrichtung so besser schlucken lassen. Beim Pellet kann der Thunfisch keinen Kopf ausmachen, was ihn irritiert. „Wir haben also die Form des Futters nochmal verändert. Uns war wichtig, eine Art Spitze, quasi eine Nase zu erzeugen, um dem Thunfisch zu signalisieren, hier ist vorne“, sagt Goto-san.
Die kleine Veränderung ist ein voller Erfolg. Die Fische nehmen das Futter an. Auch mit der Rezeptur wird weiterexperimentiert. Das Ziel ist, den Fischmehlanteil um weitere 50 Prozent zu reduzieren. Denn umso weniger Fischmehl, desto günstiger und nachhaltiger wird die Produktion.
Unser Futter ermöglicht die gesunde Aufzucht von Thunfischen ohne den Einsatz von Antibiotika.
Tsuyoshi Goto,
Plant- und Quality Manager bei Farm Choice
Mittlerweile ist die Runde um Tsuyoshi Goto und Urs Wüst beim Sake angekommen. Der Reiswein passt hervorragend zum Sushi. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir unser Ziel erreichen werden. Die Thunfischzucht wird zu einem grossen Geschäft. Natürlich ist es ein Risiko, aber ich bin sicher, dass wir weiterhin Erfolg haben werden“, so Wüst. Darauf eine weitere Runde Sake.
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